Immobilienangebote mit günstigen Preisen ziehen gerade in Zeiten mit hohen Zinsen mehr Interessenten an. In Großstädten und in Ballungsgebieten handelt es sich bei diesen Angeboten oft um Immobilien, die mit einem Erbbaurecht verkauft werden. Doch ein Erbbaurecht ist nicht immer günstiger als der Kauf einer Immobilie mit Grundstück. Ob eine Immobilie mit Erbbaurecht langfristig die bessere Wahl ist und für wen sich das wirklich lohnt soll dieser Beitrag diskutieren:
Was ist ein Erbbaurecht?
Im Prinzip kauft man eine Immobilie ohne Grundstück. Das Grundstück wird angemietet. Wie das genau funktioniert, regelt das Erbbaurechtsgesetz (ERbbauRG):
- der Grundstückseigentümer verpachtet sein Grundstück an einen Bauherren, den sogenannten Erbbauberechtigten.
- Für die Bebauung und Nutzung des Grundstücks wird ein Erbbauzins an den Grundstückseigentümer gezahlt.
- Um ein Erbbaurecht zu bestellen, schließen der Grundstückseigentümer und der Erbbauberechtigte einen Vertrag. Dieser Vertrag regelt Laufzeit und Preis für das Erbbaurecht. Die meisten Erbbaurechte werden für 99 Jahre bestellt.
- Am Ende der Laufzeit geht das Gebäude in das Eigentum des Grundstückseigentümers über. Dazu wird der Verkehrswert des Gebäudes ermittelt, den der Grundstückseigentümer abzulösen hat. Jedoch ist die Entschädigung dafür auf zwei Drittel des Verkehrswertes des Gebäudes gedeckelt.
Vorteile des Erbbaurechts beim Kauf einer Immobilie
- Käufer sparen sich teils erhebliche Finanzierungskosten, wenn sie eine Immobilie in Erbpacht kaufen oder bauen. In manchen Regionen Deutschlands sind die Grundstückspreise so stark gestiegen, dass es deutlich günstiger für die Käufer kommt, ein Erbbaurecht zu bestellen – wenn der Verkäufer das anbietet.
- Grundstücke in besonderen Lagen befinden sich meist in der Hand von Institutionen wie Kommunen, den Kirchen oder einer Stiftung, die generell keine Grundstücke verkaufen, sondern nur auf Erbpachtbasis bereitstellen. Wenn man dort bauen oder wohnen will, geht das nur über das Modell Erbpacht.
- Selbst wenn der Erbpachtgeber, also der Grundstückseigentümer zahlungsunfähig werden sollte, kann ein mögliches Insolvenzverfahren nicht auf das Haus des Erbbauberechtigten zugreifen. Der Gebäudeeigentümer kann das Grundstück auch in diesem Fall weiter benutzen.
- Immobilien auf Erbpachtbasis lassen sich ebenfalls vererben oder verkaufen. Der Erbe oder Käufer tritt dann in den Erbpachtvertrag ein und führt ihn fort.
Nachteile des Erbbaurechts beim Kauf einer Immobilie
Erbpachtverträge können recht umfangreich sein. So wird darin nicht nur der monatliche Pachtzins vereinbart, sondern es werden auch zahlreiche Regelungen getroffen, die langfristig für einen Käufer eine Knebelwirkung entfachen können:
- die Erbpachtzinsen steigen im Zeitablauf. Dabei kann die Pachterhöhung an die Inflation gekoppelt sein (Indexierung) oder in Form einer fixen Staffelung geregelt sein. In Zeiten mit hoher allgemeiner Inflation kann eine Indexierung der Pacht für den Pächter zu einer nicht absehbaren Belastung führen. Sollten die Preise am Immobilienmarkt sinken, hat das bei einer Staffelvereinbarung wiederum keine Absenkung des Pachtzinses zu Folge.
- Was passiert, wenn ein Erbbauberechtigter den Erbbauzins längere Zeit nicht bezahlen kann? Im schlimmsten Fall kann er dann sein Haus verlieren, wenn sich der Zahlungsverzug auf mehrere Jahre aufsummiert. Denn dann kann der Grundstückseigentümer den „Heimfall“ des Gebäudes verlangen.
In der Praxis sollten Immobilienkäufer Erbpachtangebote genau prüfen. Was viele Käufer auch nicht bedenken ist, dass die Banken eine Finanzierung in Abhängigkeit von der Restlaufzeit eines Erbpachtvertrages kalkulieren müssen – und das kann fatale Konsequenzen haben:
– Eine Immobilie mit einem langfristigen Erbbaurecht kann günstiger finanziert werden als eine Immobilie, bei der das Erbbaurecht nur noch für eine Laufzeit von 25 Jahren oder kürzer vereinbart ist. Je kürzer die Restlaufzeit eines Erbbaurechts, desto geringer ist der Beleihungswert der Immobilie!
– Auch die Rechtsform des Grundstückseigentümers kann sich negativ auf den Beleihungswert einer Immobilie auf Erbpachtgrund auswirken. Handelt es sich um eine Privatperson, wirkt sich das eher negativ auf die Finanzierungskonditionen aus, als wenn eine angesehene Institution der Erbpachtgeber ist.
Typischer Fall aus der Praxis:
Auch für Wohnungen können Erbbaurechte bestellt werden. Diese Wohnungen sind oft um 30% bis 40% günstiger im Vergleich zu Wohnungen ohne Erbbaurecht. Das wirkt besonders verlockend auf junge Paare. Ein Pärchen kaufte sich eine Wohnung im Erbbaurecht. Jahre später stellte sich Nachwuchs ein und die Wohnung wurde zu klein. Das Paar wollte sich vergrößern und die Wohnung verkaufen. Doch nun konnte nicht der erforderliche Preis für die Erbpacht-Wohnung erzielt werden, den das Paar für die Finanzierung einer größeren Wohnung benötigt hätte.
Fazit: Eine Immobilie im Erbbaurecht erfährt in der Regel keine Wertsteigerung. Sondern hier sinkt im Zeitablauf der Wert, wenn am Ende der Vertragslaufzeit die Immobilie auf den Grundstückseigentümer übertragen werden muss. Viele Erbbaurechte sind zudem umfangreich und komplex was ihre Regeln betrifft. Immobilienkäufer sollten daher sorgfältig abwägen, ob für sie die Vorteile eines Erbbaurechtes auch langfristig überwiegen.