Ein komplexes Modell könnte die Lösung bei steigenden Zinsen sein
Baufinanzierungen werden teurer, denn die EZB hat erneut den Leitzins erhöht. Das erschwert nicht nur vielen Familien die Eigenheimfinanzierung. Auch für Immobilienverkäufer hat sich der Markt stark verändert. Der Preisanstieg ist zwar gestoppt, doch selbst bei marktüblichen Kaufpreisen lassen sich am Immobilienmarkt nicht mehr überall Käufer finden. Doch soll man deswegen den Hausverkauf verschieben? Eine Lösung in dieser Situation bietet das Mietkaufmodell.
Das Prinzip Mietkauf:
In Deutschland ist Mietkauf als Alternative zum Immobilienkauf eine Option. Die Verträge werden zwischen Käufer und Verkäufer geschlossen und sind individuell gestaltbar. Mietkäufer leisten eine Anzahlung und monatliche Ratenzahlungen, welche später auf den Kaufpreis angerechnet werden. Die Vertragslaufzeiten sind in der Regel 5-20 Jahre, und am Ende dieser Laufzeit wird die Immobilie an den Käufer übertragen.
Mit einem Mietvertrag hat der Mietkauf wenig gemeinsam. Man kann es sich eher wie eine Ratenzahlung vorstellen. Anstelle der Bank gewährt der Verkäufer dem Mietkäufer ein Darlehen bis das Haus abbezahlt ist oder der Mietkäufer die Restschuld über einen Bausparer oder Kredit ablöst hat.
Bisherige Relevanz von Mietkauf in der DACH-Region
Offizielle Daten sind zu diesem Modell noch kaum vorhanden:
Laut einer Studie des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2020 wurden in Deutschland im Jahr 2018 insgesamt 3.600 Immobilien per Mietkauf erworben. Im Vergleich dazu wurden im selben Jahr rund 1,25 Millionen Immobilien über den klassischen Kaufvertrag erworben. Der Mietkauf hatte der Studie zufolge nur einen minimalen Anteil an allen Immobilienkäufen in Deutschland.
In Österreich und in der Schweiz kommt das Modell ebenfalls zum Einsatz:
In Österreich war der Mietkauf eine bisher selten genutzte Option für den Immobilienerwerb. Laut einer Studie des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft aus dem Jahr 2019 nutzten nur rund 5% der Österreicher den Mietkauf, um eine Immobilie zu erwerben.
In der Schweiz war der Anteil der Mietkäufer nur geringfügig höher. Laut einer Studie des Schweizerischen Verbands der Immobilienwirtschaft aus dem Jahr 2019 nutzten rund 7% der Schweizer den Mietkauf, um eine Immobilie zu erwerben.
Fazit: In einem Niedrigzinsumfeld wie es in der Vergangenheit der Fall war, hat das Modell Mietkauf nur eine kleine Rolle am Immobilienmarkt gespielt. Inzwischen haben sich die Finanzierungskonditionen jedoch massiv geändert. Das könnte dem Modell zu einer steigenden Bedeutung verhelfen.
Regionale Unterschiede könnten sich zukünftig in der Nutzung des Mietkaufs zudem stärker als bisher auswirken. Insbesondere in Ballungsräumen und Städten, wo die Immobilienpreise ungeachtet der Finanzierungskosten ein hohes Niveau behalten, könnte der Mietkauf als Alternative zum klassischen Kauf eine größere Bedeutung erlangen.
Immobilienverkauf über Mietkauf: das sind die Vorteile
Für den Fall, dass ein bereits vorhandener Mieter in den Mietkauf einwilligt, kann das eine zeitsparende und vergleichsweise günstige Lösung für beide Vertragspartner sein. Der Verkäufer spart sich die möglichweise langwierige Käufersuche und der Mieter wird zukünftig Eigentümer der Immobilie und muss weder ein Verkauf an Dritte noch eine Eigenbedarfskündigung fürchten.
Im Fall, das ein leerstehendes Haus verkauft wird, ist ein mehrmonatiger Leerstand, der womöglich über die Winterzeit erfolgt, für einen Verkäufer nicht günstig. Wenn die Zielgruppe, die in einer Niedrigzinsphase problemlos das Haus gekauft hätte, sich jetzt wegen hoher Kreditzinsen das Haus nicht mehr leisten kann, dann muss ein Verkäufer Preisabschläge hinnehmen. Der Mietkauf könnte in diesem Fall eine Lösung sein, wenn der Verkäufer bereit ist, seinem Käufer ein günstigeres Darlehen zu gewähren.
Nachteile und Risiken des Mietkaufs
Die vertragliche Gestaltung eines Mietkaufs darf nicht unterschätzt werden. Denn ein Mietkaufvertrag muss auch regeln was passiert, wenn es zu Problemen wie diesen kommt:
Risiken beim Mietkauf
– der Mietkäufer gerät mit den Zahlungen in Verzug oder wird zahlungsunfähig
– das Kaufobjekt wurde nicht solide eingepreist – es ist mängelbehaftet oder hat nicht die zugesagten Eigenschaften
– der Verkäufer wird insolvent und seine Gläubiger beanspruchen die Immobilie
Im schlimmsten Fall könnte es zu einer Rückabwicklung kommen, was für beide Seiten teuer und ärgerlich ist. Die Risiken zeigen, worauf es beim Mietkauf letztlich ankommt. Eine solide Vorbereitung und ein gutes Vertragswerk sind unerlässlich.
Fazit Risiken
Nur wenn der Käufer auf soliden Beinen steht, kann er die Mietkaufraten dauerhaft bedienen. Ohne entsprechende Bonitätsnachweise der Käufer ist es für Verkäufer riskant, sich auf einen Mietkauf einlassen.
Die Immobilie sollte in Bezug auf ihren aktuellen Zustand gut dokumentiert sein. Denn der Besitz an der Immobilie geht mit Abschluss des Mietkaufvertrages auf den Mietkäufer über. Er zahlt dann den Kaufpreis in Raten ab. Eigentümer ist aber immer noch der Verkäufer. Wenn sich nun während der Zeit der Ratenzahlung der Zustand der Immobilie verschlechtert oder Mängel auftreten, sollten die Zuständigkeiten klar geregelt sein, sonst gerät der Mietkauf unter Druck.
Erfolgsfaktoren für einen funktionierenden Mietkauf
- Eine Herausforderung des Modells ist, dass Verkäufer und Käufer gegen die Folgen einer möglichen Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners abgesichert werden müssen. Das wird von den Parteien gern unterschätzt. Entsprechende belastbare Regeln muss der Kaufvertrag beinhalten. Hier sind nicht nur Anwälte gefragt. Denn auch die finanziellen Belange, die Berechnung von Anzahlung, Laufzeit und Kaufpreisraten müssen bedarfsgerecht kalkuliert werden. Je unwahrscheinlicher ein solches Szenario ist, desto besser für beide Seiten.
- Die Notarkammer in Schleswig-Holstein berichtete im Jahr 2019 von häufigen Problemen, wenn Mängel am Kaufobjekt auftreten und es dann zum Zerwürfnis der Parteien kommt. Im Vorfeld eines Mietkaufs sollte das Kaufobjekt daher sachgerecht begutachtet werden. Für die Vertragsparteien verteuert ein Gutachten den Mietkauf, es kann jedoch für die notwendige Transparenz sorgen und Streit verhindern.
Fazit Mietkauf: damit es funktioniert sind unabhängige Experten gefragt
Käufer und Verkäufer sollten auf ein unabhängig erstelltes und geprüftes Vertragswerk setzen. Sowohl die rechtlichen als auch die finanziellen Belange sollten mit Fachleuten ausgearbeitet werden.
Das Modell ist nicht risikolos. Doch es könnte im aktuellen Marktumfeld eine Lösung sein, wenn es solide gerechnet und passgenau auf die Vertragspartner zugeschnitten wird.
Quellen:
Ratgeber Notar: Vorsicht bei Mietkauf vom 17.09.2019 https://ratgeber-notar.de/vorsicht-bei-mietkauf
inzwischen archiviert:
- Pressemitteilung Statistisches Bundesamt vom 16.1.2020: Erwerb von Grundstücken und Gebäuden im Jahr 2018 (inzwischen archiviert)
- Wohnimmobilienmarkt Österreich 2019
- Schweizer Verband der Immobilienwirtschaft 2019: Immobilienmarkt Schweiz 2019
Recherchen mit Hilfe von Chat.openai.com
Autoreninfo: Maxi Schwarz