Herausforderungen und Konfrontationen – die Wohnungsmarkt-Entwicklung
Der geforderte Heizungstausch, wenn auch oft falsch interpretiert, ist eine der großen Herausforderungen, die nicht nur auf Eigennutzer auf Immobilien zukommen, sondern Vermieter gleichermaßen treffen. Doch damit ist längst nicht alles getan, um einem zeitgemäßen und zukunftsorientierten Wohnungsmarkt gerecht zu werden. Allerorts fehlt Wohnraum, Bestandsimmobilien sind mitunter in einem mehr als traurigen Zustand, was die Ausstattung und vor allem den Energieverbrauch angehen. Vorausschauend handeln ist jedoch nicht nur das Thema von Vermietern und Eigentümern, auch Mieter sind mehr denn je daran interessiert, zahlbare Wohnungen mit einem hohen Energiestandard und folglich niedrigeren Verbrauchskosten zu finden.
Wohnungsnot – Nachfrage und Angebot
Allein in Bayern fehlen rund 200.000 Wohnungen, Tendenz zunehmend. Der Mieterbund sieht bundesweit für 2023 einen Mangelbedarf von 700.000 Wohnungen voraus. Doch selbst wenn das Kunststück gelänge, in absehbarer Zeit genügend Wohnungen zu errichten, ein Problem bleibt bestehen: Die Mieten sind zu hoch. Hier sind es die Vermieter auf der einen Seite, die aufgrund eigener gestiegener Kosten zu Mietpreiserhöhungen greifen müssen. Auf der anderen Seite stehen die Mieter, deren Lebenshaltungskosten gleichfalls nur schwer zu stemmen sind.
Das bisherige Versäumnis der sozialen Bauträger zieht nicht zuletzt deshalb weitere Folgen nach sich. Mieter schauen sich vermehrt nach alten, energetisch nicht ausreichend gestalteten Wohnungen um, damit sie überhaupt ein Dach über dem Kopf haben. Werden geplante Gesetze zur Energieeffizienz in den nächsten Jahren umgesetzt, tritt ein Bumerang-Effekt ein. Es muss erneut bezahlter Wohnraum gesucht werden. Wer als Mieter mehr finanziellen Spielraum hat, achtet bei Mietangebauten genau darauf, wie hoch die Nebenkosten – und hier vor allem die Kosten für Energie – sind. Dem Energieausweis, der für Vermieter und Verkäufer Pflicht ist, wird immer mehr Beachtung geschenkt. Zu einer günstigeren Beurteilung der Immobilie kommt jedoch nur der, der in energetische Maßnahmen investiert.
Energieeffizienz – Förderung durch die KfW
Für Vermieter zahlt es sich womöglich aus, den Plänen der bundesdeutschen Regierung und der EU vorauszueilen. Der deutsche Handwerkerverband sieht die Sanierungspflicht für Altbauten eher zwiegespalten. Durch vor allem in den sozialen Medien verbreitete Falschaussagen zum Thema sind potenzielle Mieter ebenso verunsichert wie so mancher Immobilienbesitzer. Was muss erneuert werden, wo liegen die Ziele, muss die alte Heizung wirklich herausgerissen werden?
Wer zeitnah aktiv werden möchte, ohne auf gesetzliche Zwänge zu warten, kann einen Energieberater um Hilfe bitten. Hierfür stehen, ebenso wie für energetische Maßnahmen, Fördermittel zur Verfügung. In welchen Fällen diese gewährt werden und in welcher Höhe mit einem Zuschuss zu rechnen ist, teilt ein zertifizierter Energieberater vorab mit. Er ist bestens darüber informiert, wie die EU-weit geplanten Richtlinien in Sachen Energieeffizienz umgesetzt werden können.
Geplant ist, dass Wohngebäude bis 2020 für die Gesamtenergieeffizienz die Einstufung F erhalten sollen. Bis 2033 muss nach aktuellem Stand so saniert werden, dass die Klasse E erreicht wird. Allzu viel Zeit bleibt also nicht mehr, wenn man die planerischen Vorarbeiten, die womöglich aufgrund finanzieller Notwendigkeit stufenweise Umsetzung und die finale Frist betrachtet.
Noch sind Fördermittel des Bundes über die KfW in Sicht. Wer die energetische Sanierung so betreibt, dass sie den geforderten Vorgaben entspricht, kann mit einem bis zu sechsstelligen zinsgünstigen Darlehen rechnen. Für die Fördermittel und den Tilgungszuschuss, der sich ebenfalls positiv auf dem Konto der Immobilienbesitzer niederschlägt, gilt ein Staffelsystem. Grob gesagt, wer so saniert, dass seine Immobilie die höchste Energieeffizienz erreicht, darf mit den höchsten Zuschüssen rechnen.
Auch Länderförderungen können zum Erreichen eines hohen energetischen Standes gewährt werden. Wer also, am besten zusammen mit dem Energieberater, die Renovierung plant, sollte alle Maßnahmen mit den Voraussetzungen der Fördermittel abgleichen.
Sanierung von Grund auf – Barrierefreiheit
Im Zuge einer energetischen Sanierung kann und sollte zudem an einen Umbau zum Erreichen der Barrierefreiheit gedacht werden. Nicht nur kranke und alte Menschen legen darauf Wert, auch junge Familien freuen sich über einen Wohnungszugang, der mit dem Kinderwagen zu meistern ist. Barrierefreie Bäder bieten einen weiteren Pluspunkt: Sie können so gestaltet werden, dass weniger Pflegeaufwand betrieben werden muss. Die ebene Dusche ohne Wanne, feste Dusch- und Badewannenwände und vieles mehr kommen jeder Bevölkerungsschicht zugute.
Wer jetzt noch ein Bad im Stil der 1970er hat, wird beim Vermieten feststellen, dass selbst eine gut zugeschnittene Wohnung nicht zu einem optimalen Preis vermietet werden kann. Moderne Nassräume tragen zudem zur Energieeffizienz bei. Sie benötigen weniger Heizung als alte Bäder, Armaturen mit Durchflussbegrenzung helfen beim Wassersparen. Auch das sind Vorteile, die Mietern wie Vermietern gleichermaßen dienen.
Wer bei der Renovierung seines Wohnraums auch die Barrierefreiheit in Angriff nimmt, darf ebenfalls mit Zuschüssen des Bundes via KfW rechnen. Wie immer bei staatlichen Förderungen gilt, dass alle Vorgaben erfüllt sein müssen. Eine eigene Pflegebedürftigkeit oder die eines Familienangehörigen oder Mieters ist keineswegs Voraussetzung, um Fördermittel zum Erreichen der Barrierefreiheit zu erlangen. Sie werden unabhängig davon gewährt, ob die antragstellende Person Mieter oder Vermieter ist, das eigene Lebensalter spielt ebenfalls keine Rolle.
Wohnraum schaffen – handeln statt abwarten
Trotz steigender Zinsen ist nach wie vor eine gute Zeit für Kapitalanleger. Wer Immobilien nicht nur für sich, Familienangehörige oder nahe Verwandte erwerben will, darf mit einer Wohnraumförderung rechnen. Dieses Vorhaben der Regierung wird jedoch von Bauverbänden stark kritisiert. Sie sehen viel zu hohe Hürden darin, dass die geplante Neubauförderung mit der Bindung an den EH-40-Standard gekoppelt ist. Andere Gruppierung wiederum erwarten genau durch diese Verknüpfung eine Chance: nämlich vorausschauend und energieeffizient bauen.
Nicht bestritten wird jedoch allgemein die Tatsache, dass es an qualifizierten Handwerkern und teils auch an Material – wie Wärmepumpen und Photovoltaik-Modulen – für die Umsetzung der ambitionierten Pläne fehlt. Auch zwischen den Zielen der Länder, die sich ebenfalls an Förderprogrammen beteiligen, denen des Bundes und der Ansicht der Handwerkerverbände herrscht teilweise Diskrepanz. Abwarten und weiter nur diskutieren statt handeln ist jedoch für viele Immobilienbesitzer keine Option. Sie kämpfen sich durch den derzeitigen Dschungel von Entwürfen, Stufenplänen und Nachbesserungen zu bestehenden Verordnungen.
Steigender Leitzins – mehr Zinsen für Baugeld
So mancher Immobilienkäufer, sei es für Eigenbedarf oder als Anleger, trauert den vergangenen Zeiten nach. Statt Minuszinsen für Baugeld zu erhalten, müssen Bankkunden nun spürbar in die Tasche greifen. Allein seit 2022 hat sich der Zinssatz für Baugeld vervierfacht. Mit der Anhebung des Leitzinssatzes der Europäischen Zentralbank, die im Juni 2023 alle drei um 0,25 Punktes stiegen, ist mit einer weiteren Zinssteigerung zu rechnen. Bereits im Juni 2024 waren 4 % und mehr für Baudarlehen an der Tagesordnung.
Fachleute rechnen für den nächsten, durchaus längeren Zeitraum mit weiteren Anstiegen. Dies wirkt sich vor allem für langfristige Darlehen aus. Baugeld mit einer Laufzeit von 30 Jahren wird spätestens seit Juni 2023 mit deutlich höheren Zinsen als Darlehen über zehn Jahre gehandelt.
Allein diese Zinsentwicklung bringt potenzielle Immobilienkäufer ins Wanken. Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, Wohnraum für sich – oder mehrere Familien – zu schaffen? Oder sollen zunächst die konkreten Schritte der EU und der Bundesregierung abgewartet werden? Fakt ist, dass die fallenden Immobilienpreise einen Teil der Inflation und die steigenden Zinsen wieder ausgleichen.
Tatsache ist ebenfalls, dass allein durch Verschiebungen von Mietern zu Eigentümern der fehlende Wohnraum nicht in ausreichendem Maß zu schaffen ist. Wohnraum wird auf längere Sicht stark nachgefragt sein, sofern nicht in nächster Zeit wirklich umfassend in den sozialen Wohnbau investiert wird. Diese Last kann von privaten Eigentümern und auch von Wohnbaugesellschaften keinesfalls allein getragen werden.
Verlinkte Quellen im Text:
- Mangelbedarf von 700.000 Wohnungen: siehe ZDF-Nachrichten, Studie: 2023 fehlen 700.000 Wohnungen
- Energieausweis: siehe Verbraucherzentrale: spätestens bei Verkauf oder Neuvermietung brauchen Sie einen Energieausweis
- Pläne der bundesdeutschen Regierung und der EU: siehe Blog Creoven, Wirtschaft und Soziales: EU Renovierungspflicht für Wohngebäude
- Von Bauverbänden stark kritisiert: siehe Fachzeitschrift Baumagazin, Wirtschaft und Politik: Kann die Wohnraumförderung mehr Wohnungen schaffen?