Der Traum vom Eigenheim ist in Deutschland weiterhin tief in der Gesellschaft verankert. Während hierzulande Wohneigentum früher für viele eine Selbstverständlichkeit war, sinkt die Wohneigentumsquote Jahr für Jahr. Im Jahr 2020 besaßen gerade einmal noch 50,4 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner Deutschlands ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung. Nach der Schweiz ist Deutschland damit das Land mit der zweitniedrigsten Wohneigentumsquote in Europa. Dass Deutschland ein Land der Mieter ist, ist zwar teilweise auch historisch und kulturell bedingt, die steigenden Hausbaukosten tragen aber einen großen Teil dazu bei.
Mit den jüngsten Entwicklungen sind die Hausbaukosten im Jahr 2022 massiv gestiegen, was ein Eigenheim für viele immer weniger erschwinglich macht. In diesem Beitrag entdecken Sie die Hintergründe dieser Entwicklung und erfahren, wie Sie die Baukosten Ihres Eigenheims reduzieren können.
Weshalb steigen die Hausbaukosten?
Die massiven Teuerungen im Bausektor haben verschiedene Gründe. Einer der Auslöser waren die Unterbrüche in den globalen Lieferketten, über die ganze Pandemie hinweg. Baustoffe und andere Materialien konnten aufgrund von Einschränkungen nicht hergestellt, nicht an die Häfen transportiert oder nicht verladen werden. Der Mangel an bestimmten Materialien führte zu einer steigenden Preisentwicklung bei Baustoffen und trieb damit die Baukosten als Ganzes in die Höhe.
Ein weiterer Faktor war die Erhöhung der Geldmenge. Um die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie zu minimieren, sahen sich Regierungen rund um den Globus dazu gezwungen, Unternehmen und Haushalte finanziell zu unterstützen. Damit wurde vermutlich Schlimmeres verhindert, die Erhöhung der sich im Umlauf befindenden Geldmenge hatte allerdings auch die Entwertung des US-Dollars und anderer Währungen zur Folge.
Als Letztes kommt der Krieg in der Ukraine dazu. Die daraufhin eskalierenden geopolitischen Konflikte erhöhten die Energiekosten massiv. Das führte dazu, dass sich die Produktion und der Transport von Baustoffen verteuerte. Außerdem steigen die Energiekosten auf den Baustellen. Da die meisten Bereiche des alltäglichen Lebens von der Inflation betroffen sind, verlangt auch das Baupersonal mehr Lohn, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Der höhere Lohnaufwand führt zu einer weiteren Steigerung der Baukosten.
Wie zeigen sich die Preissteigerungen im Detail
Von den massiven Verteuerungen sind nicht alle Branchen gleich stark betroffen. Auch im Bau- und im Handwerksbereich zeigt sich die Inflation an manchen Stellen um einiges stärker als anderswo. Die Treiber, bzw. die Verstärker der Inflation sind vor allem die Verteuerung von Produkten aufgrund unterbrochener Lieferketten, die hohen Arbeitskosten und die hohen Energiekosten. Dementsprechend sind Bausegmente, die auf ein hohes Maß an manueller Arbeit, einen hohen Energieverbrauch oder besonders begehrte Materialien angewiesen sind, überproportional stark von den Preissteigerungen betroffen. Von den Auswirkungen der erhöhten Inflation sind allerdings schlussendlich alle Bausegmente betroffen, weshalb die Preise auch bei anderen Segmenten stark zugenommen haben.
Steigerung bei den Baupreisen
Folgend stellen wir Ihnen einen Überblick des Statistischen Bundesamtes vor. Es gibt an, welche Bausegmente im Jahr 2022, im Vergleich zum vorherigen Jahr, wie stark gestiegen sind. Die Zahlen basieren auf bundesweiten Sondierungen, Durchschnittswerten und Schätzungen. Es ist möglich, dass regionale Unterschiede auftreten oder dass unvorhergesehene Situationen die Kosten mancher Bausegmente in kurzer Zeit stark ändern können.
Bausegment | Preissteigerung 2022 |
Rohbauarbeiten | 14,6 Prozent |
Zimmer- & Holzbauarbeiten | 33,9 Prozent |
Dachdeckungs- & Dachabdichtungsarbeiten | 18,7 Prozent |
Entwässerungskanalarbeiten | 18,6 Prozent |
Klempnerarbeiten | 18,1 Prozent |
Betonarbeiten | 14,5 Prozent |
Ausbauarbeiten | 14,2 Prozent |
Metallbauarbeiten | 19,1 Prozent |
Tischlerarbeiten | 16,4 Prozent |
Estricharbeiten | 16,0 Prozent |
Gas-, Wasser-, Entwässerungsanlagen | 14,4 Prozent |
Raumluftanlagen | 16,7 Prozent |
Heizanlagen | 13,6 Prozent |
Nieder- und Mittelspannungsanlagen | 14,7 Prozent |
Gebäudeautomationsanlagen | 13,6 Prozent |
Blitzschutzanlagen | 13,8 Prozent |
Dämm- und Brandschutzarbeiten | 20,7 Prozent |
Instandhaltungsarbeiten an Wohngebäuden | 14,4 Prozent |
Kosten für verschiedene Haustypen
Je nachdem, welcher Haustyp gebaut wird, welche Arbeiten fällig werden und welche Materialien zum Einsatz kommen, können sich die Preise pro Quadratmeter stark voneinander unterscheiden. Wird wenig manuelle Arbeit, Energie oder teures Material verwendet, sind die Kosten in der Regel tiefer. So sind Bausatzhäuser beispielsweise um bis zu 300 Prozent günstiger als schlüsselfertige Massivhäuser. Dazu kommt, dass die Kosten für Arbeit und Bauland je nach Bundesland und Gemeinde untereinander abweichen.
Folgend finden Sie die bundesweiten durchschnittlichen Kosten pro Quadratmeter für verschiedene Haustypen.
Haustyp | Hausbaukosten pro m² 2022 | Gesamtkosten für 150 m² |
Bausatzhaus | 900 Euro m² | 135.000 Euro |
Ausbauhaus | 1.300 Euro m² | 195.000 Euro |
Neubau schlüsselfertig (günstig) | 1.800 Euro m² | 270.000 Euro |
Neubau schlüsselfertig (durchschnitt) | 2.000 Euro m² | 300.000 Euro |
Neubau schlüsselfertig (gehoben) | 2.500 Euro m² | 375.000 Euro |
Massivhaus schlüsselfertig | 2.500 – 3.000 Euro m² | 375.000 – 450.000 Euro |
Fertighaus schlüsselfertig | 2.000 – 2.500 Euro m² | 300.000 – 375.000 Euro |
Welche Möglichkeiten gibt es, die Baukosten zu reduzieren?
Wenn sich die diesjährig sehr starken Preissteigerungen negativ auf Ihr geplantes Budget für Ihr Eigenheim auswirken, ist dies selbstverständlich frustrierend. Glücklicherweise gibt es einige Möglichkeiten, wie Sie die Baukosten senken können, ohne merklich auf den Komfort Ihrer Immobilie verzichten zu müssen. Viele denken hier als Erstes an eine Reduktion der Wohnfläche. Das ist ein guter Ansatz. Allerdings bewegen sich die Baukosten nicht immer linear zur Größe des Gebäudes und ein kleineres Haus muss nicht zwingend günstiger sein als ein großes.
Eine bewährte Möglichkeit, um die Baukosten zu reduzieren, ist beispielsweise der Verzicht auf einen Kellerausbau. Dadurch können Sie unter Umständen Beträge im fünf- bis sechsstelligen Bereich einsparen. Ferner kann es sich lohnen, sich für einen günstigeren Haustypen, wie ein Fertighaus zu entscheiden. Falls Sie zudem über bestimmte Fertigkeiten verfügen, die sich auf dem Bau als nützlich erweisen, können Sie selbst Hand anlegen und damit Kosten sparen. Jedoch sollten Sie das Baumanagement unbedingt den Profis überlassen!
Ist jetzt der richtige Zeitpunkt zum Bauen?
So manch ein Bauherr wurde dieses Jahr von den stark gestiegenen Baukosten überrascht. Das führte dazu, dass sich viele überlegen, ob Sie die Verwirklichung des Traums vom Eigenheim in die Zukunft verlegen sollten. Ist jetzt überhaupt der richtige Zeitpunkt zum Bauen?
Leider kann diese Antwort nicht allgemeingültig beantwortet werden. Ob jetzt der richtige Zeitpunkt für Sie ist, um ein Haus zu bauen, hängt von persönlichen und individuellen Faktoren ab. Verschiedene Fakten wie Ihre finanzielle Situation, die Familienplanung und Ihre berufliche Zukunft sind ausschlaggebend. Allgemein gesprochen, sollten Sie aber nicht davon ausgehen, dass die Preise auf absehbare Zeit wieder auf das Niveau vor der Pandemie und vor dem Krieg in der Ukraine absteigen werden. Im Gegenteil, die Preise werden allerdings vermutlich weiterhin steigen. Wenn die privaten und finanziellen Umstände stimmen, ist es allerdings auch jetzt noch eine gute Zeit, um ein Eigenheim zu bauen.
Autoreninfo:
Redaktion wohnung-jetzt.de in Kooperation mit PlanRadar