Immobilien als Geldanlage – lohnt sich das? Wie man den Kaufpreisfaktor anwendet um Preistendenzen am Wohnungsmarkt zu erkennen:
8.08.2022: Der Leitzins notiert in Europa seit kurzem wieder über dem langjährigen Niveau von 0% und sorgt damit dafür, dass nahezu überall in Europa die Zinsen für Sparanlagen langsam von Strafzinsen befreit werden und wieder verzinst werden. Allerdings ist zeitgleich die Inflation deutlich gestiegen und liegt derzeit so hoch wie noch nie. Praktisch bedeutet das für Sparer, dass sie Geld verlieren, auch wenn es wieder (magere) Zinsen auf dem Sparbuch gibt. Das bedeutet konkret, dass Kapitalanleger auch weiterhin abseits vom Sparbuch Ausschau nach Rendite halten müssen. Immobilien gelten als vergleichsweise risikoarme Geldanlage und sind bereits seit einigen Jahren als Investment für Privatpersonen attraktiv.
Konkret bedeutet dies, dass Immobilien durch günstige Kredite einfach finanziert werden können, jedoch sind die Kaufpreise inzwischen auch deutlich gestiegen. Kaufinteressenten sind zu recht skeptisch, wenn es um die Beurteilung der Wertsteigerungsmöglichkeiten vorhandener Angebote geht. Dennoch ist die Nachfrage insbesondere nach Wohnimmobilien am Markt ungebrochen. Wer hier ein attraktives Investment „ergattern“ möchte, muss oft schnell entschlossen handeln. Um zügig zu einer Kaufentscheidung zu gelangen, und lukrative Angebote von weniger lukrativen Offerten unterscheiden zu können, bedienen sich einige Anleger einer Behelfsberechnung mit dem sogenannten Kaufpreisfaktor.
Mieteinnahmen und Kaufpreis – welche Rolle spielt der Kaufpreisfaktor?
Ein Maßstab, mit welchem der Kaufpreis von Immobilien in Relation zur Lage gestellt werden kann ist der so genannte Kaufpreisfaktor. Der Kaufpreisfaktor gibt an, wie viele Jahre Mieteinnahmen erzielt werden müssen, bis der komplette Kaufpreis erwirtschaftet ist. Bevor ein Investment in eine Immobilie getätigt wird, ist es ratsam, diesen Faktor zu berücksichtigen und zu vergleichen, ob es sich lohnt, das Investment zu tätigen.
In der Praxis ist der Kaufpreisfaktor vor allem in großen Städten in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. So stellte die Immobilienzeitung fest, dass die Kaufpreisfaktoren für Zinshäuser in manchen Städten bis auf den Faktor 40 gestiegen seien. (Quelle: Immobilienzeitung). Das bedeutet, dass man heutzutage deutlich mehr Geld investieren muss, um eine Immobilie durch Mieteinnahmen kostentechnisch zu decken, als es noch vor ein paar Jahren der Fall gewesen ist.
Das Team von Kreditvergleich.net hat den Kaufpreisfaktor für zahlreiche Großstädte in Deutschland ermittelt. Die Auswertung zeigt, dass man ausgehend von einer 60m² Wohnung im Jahr 2011 etwa 18,41 Jahre benötigt, um den Kaufpreis durch die zu erzielende Miete abgedeckt zu haben. Wer sich die gleiche Statistik für das Jahr 2018 anschaut wird feststellen, dass der Kaufpreisfaktor jetzt schon von einem Zeitraum von 24,26 Jahren ausgeht, bis die Immobilie komplett durch die Miete bezahlt worden ist.
Welchen Einfluss hat die Wohnungsgröße auf den Kaufpreisfaktor?
Die Größe der Wohnung hat einen Einfluss darauf, wie sich die Kaufpreisfaktor entwickelt. Die Auswertung auf Kreditvergleich.net zeigt, dass bei kleineren Wohnungen der Kaufpreisfaktor deutlich stärker angestiegen ist, als es z.B. bei großen Wohnungen der Fall ist.
In kleineren Wohnungen (z.B. mit Wohnflächen bis 30m²) ist der Kaufpreisfaktor stärker angestiegen, als in größeren Wohnungen (mit Wohnflächen von 60m² bis 100m²)
Konkret ist der Faktor von 2011 bis 2018 bei einer Wohnung mit einer Größe von 30m² um mehr als 45% angestiegen. Im gleichen Zeitraum ist der Faktor bei einer 60m² Wohnung um lediglich rund 31% angestiegen. Wer sich eine 100m² Wohnung leistet, muss mit einem fast 20% höheren Kaufpreisfaktor rechnen.
Die Frage, wie rentabel sind Immobilien als Geldanlage? Ist also auch davon abhängig, wie sich der Kaufpreisfaktor entwickelt. Grundsätzlich peilen alle Investoren, die in Immobilien investieren an, dass diese eine gewisse Wertsteigerung erfahren und somit deutlich interessanter werden, als es aktuell der Fall ist.
Welche Städte und Wohnlagen sind in Deutschland gefragt?
Anhand der Statistik über die Entwicklung des Kaufpreisfaktors kann schnell abgeleitet werden, welche Wohnlagen in Deutschland interessant und gefragt sind. Sollte der Kaufpreisfaktor in bestimmten Wohnlagen in den vergangenen Jahren besonders stark angestiegen sein, so ist davon auszugehen, dass diese Lage für besonders gute Renditechancen steht und dass hier besonders hohe Preisentwicklungen möglich sind.
Im Vergleich zeigte es sich, dass der Kaufpreisfaktor in den Städten Köln, München oder Düsseldorf in den vergangenen Jahren besonders stark angestiegen war. Das bedeutet, dass die Preise der dort befindlichen Wohnungen in der Relation zu der erwartenden Rendite überproportional angestiegen sind. In anderen Städten, wie zum Beispiel in Wuppertal oder aber auch in Dortmund ist dies nicht der Fall. Hier ist der Kaufpreisfaktor deutlich geringer. Wer sich eine 30m² Wohnung in Wuppertal anschaut, der sieht über den Zeitraum von 2016 bis 2018 zwar, dass der Kaufpreisfaktor von 7,87 auf 10,32 gestiegen ist, jedoch ist er in Düsseldorf für ein vergleichbares Objekt von 2016 bis 2018 von 14,15 auf 24,71 gestiegen. Das bedeutet, dass der Faktor in Wuppertal um etwa 25% gestiegen ist und in Düsseldorf um etwa 43%, obwohl die beiden Großstädte räumlich betrachtet nicht weit auseinander liegen.
Wird der Kaufpreisfaktor in der Zukunft steigen?
Nicht in allen Regionen in Deutschland ist sicher, dass der Kaufpreisfaktor auch in Zukunft weiter steigen wird. Das liegt daran, dass die Nachfrage nach Immobilien unterschiedlich hoch ist und es auch Regionen gibt, in denen die Nachfrage rückläufig ist, oder ihren Zenit bereits erreicht hat.
Wer sich den Kaufpreisfaktor für Nürnberg anschaut, oder für beispielsweise Leipzig, der wird überrascht feststellen, dass dieser von 2016 auf 2017 zwar in der Kategorie „30m² Wohnung“ gestiegen ist, jedoch im Jahr 2018 wieder gesunken ist. Das zeigt, dass es Regionen und Städte in Westdeutschland sowie in Ostdeutschland gibt, in denen nicht zwangsweise mit weiteren Steigerungen zu rechnen ist, sondern mit einem ähnlichen Niveau, oder sogar mit leichten Rückläufen.
Interessant dürfte die Entwicklung der so genannten Mietpreisbremse sein. Sie soll verhindern, dass die Mieten überproportional stark ansteigen. Zuständig die Regeln einer Mietpreisbremse sind die Bundesländer. (Quelle: Haufe.de). Sofern diese effektiv eingesetzt wird und die Mieten bestimmte Werte nicht mehr überschreiten dürften, könnte dies auch dazu führen, dass die Kaufpreise der Häuser nicht mehr so stark ansteigen, wie es in den vergangenen Jahren vielerorts der Fall gewesen ist.